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Wien: Heimhilfe und Hauskrankenpflege wird teurer

Der Fonds Soziales Wien erhöht ab April den monatlichen Beitrag um durchschnittlich 50 Euro. Betroffen sind 75 Prozent der 25.000 FSW-Kunden. Der FSW begründet den Schritt mit gestiegenen Kosten.

Der Fonds Soziales Wien (FSW) erhöht mit 1. April die Kostenbeiträge bei der ambulanten Pflege und Betreuung, sagte FSW-Geschäftsführer Peter Hacker vor Journalisten. Er verteidigte die Maßnahme damit, dass seit 15 Jahren keine Anpassungen mehr vorgenommen worden seien - trotz stets steigender Ausgaben seitens des FSW.

Grundsätzlich müssen alle 25.000 Kunden, die vom Fonds geförderte ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen - meist Heimhilfe oder Hauskrankenpflege - erhalten, einen Kostenbeitrag zuzahlen. Dieser ist sozial gestaffelt und berechnet sich nach einem komplexen System etwa aus Einkommen abzüglich der Miete, Pflegegeldbezug sowie Art und Umfang der in Anspruch genommenen Dienste. So lagen die Kosten etwa für eine Stunde Heimhilfe bisher zwischen 5,23 und 16,86 Euro. Dieser Rahmen reicht ab April von 6 bis 19 Euro.

Im Durchschnitt bedeutet das eine Beitragssteigerung von 5,45 Prozent für den Kunden. Die tatsächlichen Auswirkungen unterscheiden sich aber im Einzelfall, wobei alle Betroffenen in den nächsten Tagen per Brief informiert und ihre neuen Beiträge individuell aufgeschlüsselt bekommen. Bei rund 60 Prozent werden die Kosten um monatlich bis zu 50 Euro steigen, so Hacker. Weitere 15 Prozent müssen mit noch höheren Mehrausgaben rechnen. Fünf Prozent zahlen überhaupt nichts.

Für das restliche Fünftel bleibt der Kostenbeitrag entweder gleich oder verringert sich sogar. Dies ergibt sich dadurch, dass die Mindestsicherung nun in die Berechnungsmodalitäten miteinbezogen wird und folglich in einigen Fällen der bisher zu bezahlende Einkommensanteil am Kostenbeitrag künftig entfällt.

Gestiegene Kosten als Argument

Seit 1996 seien die Tarife nicht angehoben worden, während jedoch Pensionen und das Pflegegeld mehrfach erhöht wurden, argumentierte Hacker. Zudem hätten sich die Vollkosten für die Leistungen verteuert. Allein im Bereich Heimhilfe verzeichnete der FSW im Vorjahr mehr als 128 Mio. Euro an Aufwendungen, was einem Plus von 2,7 Prozent gegenüber 2009 bzw. 30,1 Prozent im Vergleich zu 2005 gleichkommt.

Insgesamt kann laut Hacker rund ein Viertel aller ambulanten Pflegeausgaben (derzeit 223 Mio. Euro jährlich) durch Kundengelder gedeckt werden. Den Rest bezahlt der FSW aus dem Sozialhilfetopf. Durch die Tariferhöhung sollen heuer zu den 55 Mio. Euro, die Betroffene derzeit jährlich aus eigener Tasche an den Fonds bezahlen, 3 Mio. Euro zusätzlich hereinkommen. Kündigungen befürchtet der Geschäftsführer nicht: "Ich habe keine Sorge, dass die Menschen das nicht verstehen."

Für die einzelnen Trägerorganisationen, welche die Leistungen im Auftrag des FSW erbringen, ändert sich übrigens nichts. Sie werden nach einem extra verhandelten Tarifmodell bezahlt, wobei der FSW eine Heimhilfestunde durchschnittlich mit 32 Euro, eine Hauskrankenpflegestunde mit 45 Euro abgeltet.

Opposition tobt: "Unglaublich"

Die Rathaus-Opposition zeigte sich empört. "Eine Steigerung um monatlich bis zu 50 Euro ist schlichtweg skandalös", kritisierte der nicht amtsführende Stadtrat David Lasar (FPÖ) in einer Aussendung. Die ÖVP monierte, dass gerade die sozial Schwächsten zur Kasse gebeten würden.

Ähnlich das Argument der Blauen: Jemand, der Hilfe benötige, sei ohnehin schon in einer sehr angespannten Situation und dürfe nicht auch noch finanziell zusätzlich belastet werden, so Lasar. Der FPÖ-Politiker forderte daher, dass die Kosten nicht angehoben werden dürften. VP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec bezeichnete die Tariferhöhungen als "unglaublich". Anstatt sozial Schwache zur Kasse zu bitten, sei das Management der Stadt gefordert, die Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und so das Potenzial besser zu nützen. Bei den Pflegebedürftigen einzusparen, sei nur fantasielos, so Korosec.

Quelle: diepresse.com, 15.3.2011

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