News

Was sich Jugendliche von der Zukunft wünschen

Sorglos und flexibel den Arbeitsmarkt erobern - "Arbeiten, bis wir 70 sind, und keine staatliche Pension mehr"

Wien - "Eigentlich mache ich mir keine Gedanken über die Zukunft", sagt Selina Thaler (16). Für sie gebe es keinen Grund, sich mit Themen wie Pensionsvorsorge auseinanderzusetzen. Immerhin habe sie ja selbst noch kein Einkommen, sagt die 16-Jährige. "Wenn ich mal genug verdiene und mir davon etwas auf die Seite legen kann, werde ich es aber auch tun", ist sich Selina sicher.

Sehr wohl denke sie darüber nach, wie man das Pensionssystem reformieren könnte. "Es heißt ja oft, dass wir mal viel länger arbeiten werden müssen als etwa unsere Eltern, weil unsere Pensionen nicht mehr gezahlt werden können. Da denke ich mir, es stimmt doch etwas nicht, wenn heute Lehrer mit Mitte 50 in Pension gehen."

Wenn es in ihrem Umfeld um das Thema Studium gehe, sei die Tendenz klar: "Schüler wollen oft etwas studieren, um damit viel Geld zu verdienen. Ich finde, es sollte eher darum gehen, dass man etwas studiert, was den eigenen Interessen entspricht. Ich möchte keinen Job, in dem ich nur die Jahre zähle, bis ich in Pension gehen kann", stellt Selina fest. Sorgen um einen Arbeitsplatz macht sie sich nicht. "Ich könnte mich mit allen Jobs, die mich interessieren, selbstständig machen. Außerdem sind wir eine Generation, die oft den Job wechseln wird müssen, was mir nichts ausmacht."

"Natürlich mache ich mir Gedanken. Denn jetzt wo ich in der 7. Klasse bin, muss man langsam planen, was man studieren will und was man verdienen will - Geld ist ja auch wichtig", berichtet Jakob Becvar (16) über seine Zukunftspläne. Am liebsten würde er als Pilot oder Fluglotse arbeiten, "aber das kann natürlich mal ganz anders aussehen", zeigt sich der 16-Jährige flexibel. Er könne sich auch gut vorstellen, in die Privatwirtschaft zu gehen.

Sorgen um den Arbeitsplatz mache er sich nicht, gibt aber zu bedenken, dass man sich auf kleine Sparten spezialisieren sollte. "Dann findet man sicher rasch einen Job." Außerdem solle man sich bei der Jobsuche nicht auf Österreich beschränken. "Schließlich leben wir in der EU. Ich hätte kein Problem damit, in ein anderes Land arbeiten zu gehen."

Jakob ist überzeugt davon, kaum bis gar keine staatliche Pension mehr zu bekommen. "Wir werden arbeiten müssen, bis wir 70 sind und alles aus unserer eigenen Tasche zahlen müssen. Meine Eltern haben eine private Pensionsvorsorge für mich, die werde ich selbst zahlen, sobald ich einen Job habe." Jakob fände eine private, verpflichtende Pensionsvorsorge sinnvoll. "Dadurch könnte man den Staat entlasten, denn das sind ja extreme Ausgaben."

"Ich mache mir große Gedanken über meine Zukunft", gesteht Patrick Ricker (20). Erst letztes Wochenende habe er eine private Pensionsvorsorge abgeschlossen, erzählt der Schüler des Aufbaulehrgangs für Medieninformatik in der Schule Sta. Christiana. "Ich bin nicht verschwenderisch mit meinem Geld, sondern denke daran, wie ich mir mal ein Haus finanzieren werde", erzählt Patrick.

Darüber, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt, mache er sich keine Gedanken. "Die Jobaussichten beeinflussen auf gar keinen Fall meine Berufswahl", sagt der 20-Jährige bestimmt. "Ich studiere das, was ich mag, und werde den Job machen, der mir gefällt." Natürlich habe er im Hinterkopf, dass es auch nicht schlecht wäre, wenn er dabei noch gut verdienen würde. Dennoch ist das für Patrick zweitrangig. An erster Stelle steht für ihn der Spaß und das Interesse an der Tätigkeit.

Ob er überhaupt noch eine Pension bekommen werde, sei eine Frage, die er sich häufig stelle. "Wenn, dann wird es nur ein sehr kleiner Betrag sein, von dem man nicht leben kann." Das Pensionssystem werde jedenfalls nicht mehr lang funktionieren. "Denn es werden mal viel mehr Leute eine Pension brauchen, als es junge Menschen geben wird, die dafür zahlen."

"Ich mache mir auf jeden Fall Gedanken über die Zukunft - zumindest was die Ausbildung angeht", erzählt Antonia Reiss (16). "Aber ich bin noch hin und her gerissen, was ich mal studieren will und welchen Job ich ergreifen möchte." Einerseits wolle sie in eine Richtung, die ihr Spaß macht, "andererseits sind das keine gewinnbringenden Sachen", wägt Antonia ab. "Ich sag aber sicher nicht, ich studiere Wirtschaft oder Jus, weil das viel Geld bringt", steht für die Schülerin fest. Meistens habe man ohnehin mit jenem Job die besten Chancen, der einem auch Spaß macht, ist die 16-Jährige überzeugt. Sie selbst versuche ihren Lebenslauf so bunt wie möglich zu gestalten, so multifunktional wie möglich zu bleiben und eine Nische zu finden.

"Bis zur Pension denke ich aber noch nicht", sagt Antonia. Sie selbst habe noch keine Pensionsvorsorge, will sich aber auch nicht auf den Staat verlassen. "Man muss selbst schauen, dass man vorsorgt ist, und sollte sich am besten nur auf sich selbst verlassen. Die Zeiten werden immer unsicherer." In ihrem Umfeld sei dieses Thema jedenfalls ständig präsent. "Jeder fragt sich, wo er einmal in der Welt stehen wird."

Auch Antonia ist überzeugt, dass das Pensionssystem bald nicht mehr tragbar sei. "Denn wir werden bald viel mehr ältere als junge Leute haben. Und dann wird es einfach für alle weniger geben müssen."

(Der Standard, Print-Ausgabe 23.10.2010)

Zurück