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Pensionszuschuss: Wirtschaft will Aus für „Sündenfälle“

Konflikt um Konsequenzen aus Expertenbericht: Die Pensionskommission rechnet damit, dass der Bund im Jahr 2060 bereits 4,5 Prozent des BIP zu den Pensionen zuschießen muss.

Wien. Muss die Bundesregierung nach dem jüngsten Gutachten der Pensionskommission handeln? Oder sind die Szenarien in dem 130-Seiten-Papier, wonach der Zuschuss des Bundes sich drastisch erhöhen werde, völlig überzogen? Nach einer „Schrecksekunde“ von ein paar Tagen („Die Presse“ berichtete über das Gutachten am vergangenen 18. September) kommt jetzt die Debatte über etwaige Konsequenzen in Schwung.

Pensionsantrittsalter umstritten

Für das von Rudolf Hundstorfer (SPÖ) geführte Sozialministerium ist alles nicht so schlimm, wie dies die Pensionskommission vorhersagt. Diese rechnet damit, dass die Mittel, die der Bund künftig zu den Pensionen zuschießen muss, von 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 4,5 Prozent im Jahr 2060 hochschnellen wird. Der Finanzbedarf würde damit deutlich über der bisher prognostizierten Marke von maximal vier Prozent liegen. Einer der Hauptgründe: Nach der Wirtschaftskrise wurde eine schlechtere Konjunkturentwicklung als Basis herangezogen, was unter anderem weniger Beitragszahler zur Folge hat.

Im Berichtsentwurf (die offizielle Vorlage erfolgt am kommenden Mittwoch) wird lediglich mit einem Anstieg des tatsächlichen Pensionsantrittsalters von derzeit rund 58 auf 60 Jahre bis 2060 gerechnet. Für das Sozialressort ist das ebenso wie für den Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammer bei weitem zu niedrig: Das Ministerium rechnet mit einem Anstieg auf im Schnitt 63 Jahre. Dies auch deswegen, weil ab 2024 das Frauenpensionsalter im ASVG laut Gesetz schrittweise von 60 auf 65 Jahre angehoben wird. Scharfe Kritik an dem Gutachten kommt auch von den Seniorenorganisationen (siehe eigenen Bericht).

In der Wirtschaftskammer wird hingegen davor gewarnt, das Gutachten in Frage zu stellen, um sich Reformen zu ersparen. „Da kann man nicht zur Tagesordnung übergehen. Es ist aus meiner Sicht zwingend, dass etwas geschehen muss“, sagt der Leiter der Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer, Martin Gleitsmann, im Gespräch mit der „Presse“.

Nicht „automatisch“ Änderung

Ihm geht es nicht zuletzt um Korrekturen der Beschlüsse vom September 2008, als unter anderem die teure Hacklerfrühpension ausgeweitet und bis 2013 verlängert wurde. „Da waren ein paar Sündenfälle dabei“, so Gleitsmann. Sozialminister Hundstorfer hat bisher aber ein Auslaufen der Regelung vor 2013 strikt abgelehnt.

Die Wirtschaftskammer verlangt, dass in einem Bericht an Parlament und Regierung aufgelistet wird, welche Konsequenzen gezogen werden sollen. Zwingend sind etwaige Änderungen aber nicht. Das hat die SPÖ unter Werner Faymann verhindert, indem sie eine „Automatik“ für Änderungen als Folge solcher Pensionsgutachten im Juni 2008 abgeschmettert hat.

AUF EINEN BLICK

Die Pensionskommission der Bundesregierung legt kommenden Mittwoch offiziell ein neues Langfrist-Gutachten vor. Darin wird ein dramatisch steigender Zuschussbedarf des Bundes zu den Pensionen prognostiziert. Die Bundesmittel müssten demnach von 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr auf 4,5 Prozent des BIPs im Jahr 2060 steigen.

(Quelle: DIE PRESSE, Print-Ausgabe 24. September 2010)

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