News

Patient erster Klasse

Ambulante Tarife sind ein Wachstumstreiber der privaten Krankenversicherung. Im Bereich Sonderklasse gibt es einen Trend zu Selbstbehalten.

Hauptsache gesund. Dieser Maxime stimmen die meisten Menschen in Umfragen zu. Dementsprechend wird in Krisenzeiten bei der medizinischen Versorgung als Letztes gespart. Das zeigt sich auch in der Entwicklung der privaten Krankenversicherung, deren Geschäftsgang sich Jahr für Jahr konstant nach oben entwickelt.

Während die Prämien in der Autoversicherung im vergangenen Jahr in Folge von Preiskämpfen um 1,3 Prozent fielen, konnten sich die Krankenversicherer über 3,6 Prozent zusätzliche Einnahmen freuen. Generali-Vorstand Peter Thirring: "Die Krankenversicherung ist derzeit der Bereich mit dem höchsten Bestandszuwachs". So wird sich auch heuer laut Prognosen des Versicherungsverbandes der langjährige Aufwärtstrend fortsetzen. Hauptursache: Die Gesundheitskosten steigen wegen des medizinischen Fortschritts und der zunehmenden Lebenserwartung dauerhaft schneller als die Infaltionsrate. Private Krankenversicherungen werden außerdem äußerst selten gekündigt. Schließlich steigt das Risiko, zu erkranken, mit zunhemendem Alter deutlich an. Wer vorzeitig aussteigt, hat in jungen Jahren viel eingezahlt und steht dann in der eigentlichen Leistungsphase ohne Schutz da. Die Branche rechnet dementsprechend, dass das Prämienvolumen im Jahr 2010 um 2,5 Prozent aus 1,63 Milliarden Euro zulegt.

Aus Quartett wir Quintett. Bisher teilten sich die vier Anbieter Uniqa, Wiener Städtische, Merkur und Generali den Großteil des Marktes unter sich auf. Doch jetzt drängt ein fünfter Anbieter auf den Markt. Die Donau bietet seit Mai eigene Krankenversicherungstarife von der Sonderklasse-Deckung bis zur Polizze für ambulante Arztbesuche an und will unter anderem mit einer Aktion für drei prämienfreie Monate rasch Meter machen. Donau Chef Franz Kosyna: "Wir haben und für heuer 3.000 Verträge und ein Prämienvolumen von einer Million Euro vorgenommen".

Das ist ein ambitioniertes Vorhaben, weil es mangels Wechsels zwischen den Anbietern nur den Kreis der Kunden zu gewinnen gibt, die heuer erstmals neue Krankenversicherungen abschließen werden. Diese Zielgruppe ist aber überschaubar: Im Vorjahr stieg die Zahl der Versicherten gerade einmal um 0,1 Prozent auf 2,83 Millionen. Davon entfallen 1,48 Millionen Verträge auf die Spitals-Sonderklasse.

Allerdings gibt es beträchtliche Unterschiede je nach Bundesland. Während sich beim Spitzenreiter Salzburg 24,6 Prozent der Bevölerung auf Kosten der Assekuranz in die Sonderklasse mit freier Arztwahl legen können, sind es im Burgenland nur 10,7 Prozent und in Niederösterreich 11,0 Prozent.

Trotzdem sind die Zuwachsraten bei den Sonderklasse-Nachzügler-Regionen ziemlich gering. Wesentlich mehr Wachstum beobachten die Assekuranzen bei den Tarifen, die bei der Konsulation von Privatärzten zahlen. Viele Kunden schließen deshalb solche Zusatzversicherungen ab, weil nur diese Alternativmedizinverfahren wie Akupunktur oder Homöopathie abdecken. Versicherungsmaklerin Martina Eschelmüller-Futschik: "Man sollte individuell prüfen, ob Bedarf an solchen Verfahren besteht. Falls ja, kann sich der Abschluss eines Traifs für ambulante Arztbesuche bezahlt machen."

Günstige Tarife für Einsteiger. Junge Kunden, die neu für eine private Krankenversicherung gewonnen werden könnten, haben in der Regel wenig Geld für teure Versicherungen. Hier bieten die Assekuranzen spezielle Einstiegstarife. So kann man sich zum Beispiel bei der Donau für zehn Euro im Monat zur Behandlung von Unfallfolgen in die Sonderklasse legen.

Wenn es später um einen vollen Schutz bei allen Krankheiten geht, steigen die Prämien allerdings kräftig. Ein 30-jähriger Mann zahlt zum Beispiel beim Österreichtarif der Donau monatlich 94,47 Euro. Bei Vereinbarung eines jährlichen Selbstbehaltes von 920 Euro sinkt die Prämie auf 63,56 Euro.

Solche Selbstbehalte sind in aller Regel zu empfehlen. Die Ersparnis beträgt im erwähnten Fall um die 371 Euro im Jahr. Das heißt: Wenn man nicht öfter als einmal in drei Jahren ins Spital geht, ist man langfristig auf der Gewinnerseite. Und wer muss schon alle drei Jahre stationär ins Krankenhaus, zumal nach Unfällen kein Selbstbehalt verrechnet wird? Tipp von Generali-Vorstand Thirring: "Es ist möglich, auch bei bereits laufenden Verträgen auf einen günstigeren Selbstbehaltstarif umzusteigen."

Die Versicherungen sparen sich im Gegenzug die Kosten für Bagatellfälle. So gibt es Berufstätige, die sich unter dem Vorwand irgendeines Gebrechens jährlich zu einem Managament-Check in die Sonderklasse legen, weil sie so die Kosten für eine aufwendige ambulante Gesundheitsprüfung vermeiden wollen. Oder Senioren, die zufällig immer in der Urlaubszeit der betreuenden Kinder erkranken, sodass ein Spitalsaufenthalt nötig ist.

Natürlich verursachen die 920 Euro Eigenanteil bei einem Spitalsbesuch beträchtliche Einmalkosten. Wer glaubt, dass er sich diesen Beitrag kaum leisten kann, sollte sich aber überlegen, ob er die Prämien für eine Sonderklasse-Versicherung überhaupt auf Dauer aufbringen kann. Im Laufe der Jahrzehnte werden die Prämien ohnehin deutlich teurer. Spätestens mit Eintritt der Pension sinkt außerdem das Einkommen, und damit wird die Fähigkeit zur Zahlung teurer Versicherungsprämien infrage gestellt.

Eine Möglichkeit für einen günstigen Basisschutz bietet Uniqa, wenn man nicht alle Krankheiten abdecken möchte. Versicherungsmaklerin Eschelmüller-Futschik: "Die Versicherung zahlt zum Beispiel bei Krebs, Bypass-Operationen und Transplantationen von Herz, Lunge, Leber und Niere." Die Kosten betragen für einen 35-jährigen Mann 25,66 Euro im Monat. Zum Vergleich: Für einen Volltarif für alle Erkrankungen werden 107,26 Euro, also rund das Vierfache, fällig.

Relativ günstig sind auch Taggeldversicherungen, die im Falle eines Spitalsaufenthalts zum Beispiel 100 Euro täglich zahlen. Solche Polizzen sind allerdings wenig sinnvoll. Erstens sind die gezahlten Beträge viel zu gering, um die Kosten einer Sonderklassebehandlung zu decken. Zweitens ist es bei Bedarfsgruppen wie Selbständigen, die im Falle einer Krankheit mit schwer verkraftbaren Einkommensverlusten zu rechnen haben, sinnvoller, eine Betriebsunterbrechungsversicherung abzuschließen, die auch bei allen Krankheiten zahlt, die zuhause auskuriert werden.

(Quelle: Format Nr. 25, 2010)

Zurück