Bemerkenswerte Signale kommen mitten in der Debatte über längeres Arbeiten aus dem Gewerkschaftsbund. Acht Jahre nach dem Beschluss der vom ÖGB mit Streiks bekämpften schwarz-blauen Pensionsreform 2003/04 macht sich ÖGB-Präsident Erich Foglar daran, einen Kernpunkt - die schrittweise Verlängerung des Durchrechnungszeitraums auf 40 Jahre - zu Fall zu bringen. Im Gespräch mit der „Presse" betont der ÖGB-Chef erstmals öffentlich, dass er dieses System für „einfach kontraproduktiv" hält.
Seine Begründung: Ältere Beschäftigte würden trachten, möglichst früh in Pension zu gehen, um Verschlechterungen durch die Ausweitung des Durchrechnungszeitraums für die Bemessung der Pension zu entgehen. „Warum soll ich ein Jahr länger arbeiten und dann eine geringere Pension in Kauf nehmen?", so Foglar.
Der ÖGB-Präsident sägt damit an einem Eckpfeiler der Reform. Ursprünglich wurden im ASVG die 15 „besten" Jahren mit den höchsten Beiträgen zur Berechnung der Pension herangezogen. Seit der schwarz-blauen Umstellung wird unter anderem der Berechnungszeitraum für die Pension jährlich um ein Jahr erhöht, bis im Jahr 2028 schließlich die Endstufe erreicht ist. Dann werden 40 Jahre zur Bemessung der Pension herangezogen, heuer werden im ASVG 23 Jahre als Berechnungsbasis genommen.
Bei den Beamten erfolgt die Ausdehnung des Berechnungszeitraums in schnellerem Tempo, weil bei diesen ursprünglich das letzte Gehalt Basis für die Pension war. 2028 werden bei Bundesbeamten 40 Jahre ebenfalls Grundlage sein.
Foglars Forderung kommt in einer heiklen Phase. Denn derzeit beraten die Sozialpartner, also neben dem ÖGB und der Arbeiterkammer auch die Wirtschaftsvertreter in einer von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) eingesetzten Arbeitsgruppe, über Anreize, um Ältere länger in Beschäftigung zu halten. Bundeskanzler Werner Faymann hat für Mai erste Ergebnisse angekündigt.
Der ÖGB-Chef hält die Verlängerung des Durchrechnungszeitraums für einen „Konstruktionsfehler" der schwarz-blauen Pensionsreform. „Man sollte nachdenken, ob man nicht dieses System ändert", sagt er ganz offen.
In einem anderen Punkt gibt es allerdings auch gewerkschaftsintern Differenzen: Der ÖGB-Präsident hat in der „Presse" vor rund einem Monat erklärt, er sei gegen Strafen für Unternehmen, die Mitarbeiter in Frühpension schicken. Seine Begründung: Dann würden einfach die Pensionierung noch früher als bisher erfolgen und Strafen damit umgangen. Die Pensionisten im ÖGB haben sich hingegen Ende April in einer Sitzung ihres Bundesvorstandes unter anderem genau auf solche Pönalezahlungen von Betrieben eingeschworen. Werner Thum, der Chef der ÖGB-Pensionisten, räumt im Gespräch mit der „Presse" ein, diese Frage sei für Foglar als Sozialpartnervertreter „ein bisschen schwierig". Denn: „Da geht es ums Gesprächsklima."
Thum rückt allerdings vom Beschluss der Pensionisten im ÖGB für Strafen von Betrieben nicht ab: „Es soll ein Denkanstoß in diese Richtung sein."
Möglich wäre, dass das betreffende Unternehmen dann zumindest eine Zeit lang die Kosten für die Arbeitslosigkeit übernimmt, weil ein großer Teil der Menschen vor der Pension zuerst arbeitslos sei, meint er. „Da muss irgendetwas geschehen", so Thum.
Bemerkenswert ist vor allem, dass nach Informationen der „Presse" in der Sozialpartner-Arbeitsgruppe zur Beschäftigung älterer Menschen von Arbeitnehmervertretern entgegen Foglars Ansicht die Tendenz ebenfalls in Richtung Pönale geht. Von den SPÖ-Pensionisten mit ihrem Präsidenten Karl Blecha sind ebenfalls Strafzahlungen bereits überlegt worden. Damit gibt es auch bei den Seniorenvertretern eine Kluft: Denn der ÖVP-Seniorenbund mit seinem Obmann, Andreas Khol, setzt vor allem auf höhere Pensions-Boni bei längerem Arbeiten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 3.Mai 2011)
Seine Begründung: Ältere Beschäftigte würden trachten, möglichst früh in Pension zu gehen, um Verschlechterungen durch die Ausweitung des Durchrechnungszeitraums für die Bemessung der Pension zu entgehen. „Warum soll ich ein Jahr länger arbeiten und dann eine geringere Pension in Kauf nehmen?", so Foglar.
Der ÖGB-Präsident sägt damit an einem Eckpfeiler der Reform. Ursprünglich wurden im ASVG die 15 „besten" Jahren mit den höchsten Beiträgen zur Berechnung der Pension herangezogen. Seit der schwarz-blauen Umstellung wird unter anderem der Berechnungszeitraum für die Pension jährlich um ein Jahr erhöht, bis im Jahr 2028 schließlich die Endstufe erreicht ist. Dann werden 40 Jahre zur Bemessung der Pension herangezogen, heuer werden im ASVG 23 Jahre als Berechnungsbasis genommen.
Bei den Beamten erfolgt die Ausdehnung des Berechnungszeitraums in schnellerem Tempo, weil bei diesen ursprünglich das letzte Gehalt Basis für die Pension war. 2028 werden bei Bundesbeamten 40 Jahre ebenfalls Grundlage sein.
Foglars Forderung kommt in einer heiklen Phase. Denn derzeit beraten die Sozialpartner, also neben dem ÖGB und der Arbeiterkammer auch die Wirtschaftsvertreter in einer von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) eingesetzten Arbeitsgruppe, über Anreize, um Ältere länger in Beschäftigung zu halten. Bundeskanzler Werner Faymann hat für Mai erste Ergebnisse angekündigt.
Der ÖGB-Chef hält die Verlängerung des Durchrechnungszeitraums für einen „Konstruktionsfehler" der schwarz-blauen Pensionsreform. „Man sollte nachdenken, ob man nicht dieses System ändert", sagt er ganz offen.
In einem anderen Punkt gibt es allerdings auch gewerkschaftsintern Differenzen: Der ÖGB-Präsident hat in der „Presse" vor rund einem Monat erklärt, er sei gegen Strafen für Unternehmen, die Mitarbeiter in Frühpension schicken. Seine Begründung: Dann würden einfach die Pensionierung noch früher als bisher erfolgen und Strafen damit umgangen. Die Pensionisten im ÖGB haben sich hingegen Ende April in einer Sitzung ihres Bundesvorstandes unter anderem genau auf solche Pönalezahlungen von Betrieben eingeschworen. Werner Thum, der Chef der ÖGB-Pensionisten, räumt im Gespräch mit der „Presse" ein, diese Frage sei für Foglar als Sozialpartnervertreter „ein bisschen schwierig". Denn: „Da geht es ums Gesprächsklima."
Thum rückt allerdings vom Beschluss der Pensionisten im ÖGB für Strafen von Betrieben nicht ab: „Es soll ein Denkanstoß in diese Richtung sein."
Möglich wäre, dass das betreffende Unternehmen dann zumindest eine Zeit lang die Kosten für die Arbeitslosigkeit übernimmt, weil ein großer Teil der Menschen vor der Pension zuerst arbeitslos sei, meint er. „Da muss irgendetwas geschehen", so Thum.
Bemerkenswert ist vor allem, dass nach Informationen der „Presse" in der Sozialpartner-Arbeitsgruppe zur Beschäftigung älterer Menschen von Arbeitnehmervertretern entgegen Foglars Ansicht die Tendenz ebenfalls in Richtung Pönale geht. Von den SPÖ-Pensionisten mit ihrem Präsidenten Karl Blecha sind ebenfalls Strafzahlungen bereits überlegt worden. Damit gibt es auch bei den Seniorenvertretern eine Kluft: Denn der ÖVP-Seniorenbund mit seinem Obmann, Andreas Khol, setzt vor allem auf höhere Pensions-Boni bei längerem Arbeiten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 3.Mai 2011)