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Invaliditätspension: Regierung will Ansturm bremsen

Eine frühere Beratung für Unternehmen und Arbeitnehmer soll den frühzeitigen Ruhestand verhindern. Aber Sozialminister Hundstorfer braucht für den Ausbau der Prävention 20 Millionen Euro zusätzlich.

Wien. Das Sozialministerium ist bemüht, den Ansturm auf die Invaliditätspension, die Frühpensionierung wegen Krankheit, mit neuen Aktivitäten einzudämmen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat eine neue gesetzliche Regelung vorbereiten lassen. Erstmals werden via „Presse" Details bekannt.

Der Kern der Maßnahmen, die unter dem Motto „Fit to work" gebündelt werden: Mit verstärkter vorzeitiger Beratung für Unternehmen, aber auch für betroffene Arbeitnehmer soll es gar nicht so weit kommen, dass Beschäftigte einen Antrag auf eine Invaliditätspension stellen.

Rekord mit 462.700 Beziehern

Der Zulauf zur Invaliditätspension ist stark. Ende Juni wurde mit rund 462.700 Invaliditätspensionen ein neuer Höchststand erreicht (siehe Grafik). Gegen Einschnitte bei der Höhe dieser Pensionen hat sich der Sozialminister bereits ausgesprochen.

Bei den neuen Vorbeugeaktivitäten handelt es sich um ein freiwilliges Angebot. Der Haken liegt wegen der für das Budget 2011 festgelegten Einsparungen beim Geld. Im ersten Jahr müssten für die notwendigen Berater rund 20 Millionen Euro aufgebracht werden. Das ist ein Grund, warum zwar ein Entwurf bei Hundstorfer in der Schublade liegt, es aber noch unklar ist, wann er diesen zur Begutachtung ausschicken wird. Zusätzliche Kosten bei den Pensionen kommen ihm überhaupt nicht zupass.
„Leute vor Antrag offen"

Walter Pöltner, Sektionschef im Sozialressort, sieht bei den Bemühungen „weg von der passiven Sozialpolitik" hin zu mehr Prävention die richtige Entwicklung. „Lieber wenig Geld rechtzeitig investieren, damit ich später nicht mehr ausgeben muss", erläutert er im Gespräch mit der „Presse".

"Beratung noch vor Antrag wichtig"

Seiner Ansicht nach ist es vor allem wichtig, dass es eine gezielte Beratung gibt, noch bevor jemand einen Antrag auf Invaliditätspension stellt. „Auf der Ebene sind die Leute noch empfänglich und offen." Wenn eine Person einmal ihren Antrag abgegeben habe, „dann will sie in die Pension."

Die Abwicklung der Aktion, um den Zulauf zur Invaliditätspension einzubremsen, soll über das Bundessozialamt erfolgen. Von diesem würden dann private Anbieter zur Beratung als „Sozialmanager" in den Unternehmen eingeschaltet. Diese könnten beispielsweise aktiv werden, wenn von Betrieben eine auffällige Häufung von Krankenständen bei Beschäftigten in einer bestimmten Altersgruppe festgestellt wird.

Die Hilfe könnte dann bis zu Lohnkostenzuschüssen für betroffene Beschäftigte gehen. Mitunter reicht es aber schon, wenn es freiwillig Veränderungen am Arbeitsplatz - etwa für Beschäftigte, die häufig an Computerbildschirmen arbeiten müssen - gibt. Es könnten auch spezielle Rehabilitationsmaßnahmen empfohlen werden.

Eine andere Aktion läuft nach einem Pilotversuch der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) in Wien und Niederösterreich bereits seit Juli dieses Jahres bundesweit: mit der sogenannten „Gesundheitsstraße", für die PVA-Vizegeneraldirektorin Gabriele Eichhorn verantwortlich ist, soll vermieden werden, dass bei Anträgen auf Invaliditätspension zwei Gutachten - vom Arbeitsmarktservice und von der Pensionsanstalt - eingeholt werden. Das habe „die Leute total verwirrt".

Mit der bei der Pensionsversicherungsanstalt angesiedelten „Gesundheitsstraße" sollen jetzt Betroffene rascher Klarheit bekommt, ob sie berechtigte Aussichten auf eine krankheitsbedingte Frühpension haben. Schon bisher wird ein hoher Anteil der Anträge auf Invaliditätspension abgelehnt.

"Mehr Verständnis als früher"

„Wir merken, dass es bei Antragstellern viel mehr Verständnis gibt als früher", heißt es in der PVA-Presseabteilung zu den bisherigen Erfahrungen. 90 Prozent würden nach dem Gutachten akzeptieren, dass keine Berufsunfähigkeit vorliegt. Das Arbeitsmarktservice muss dann versuchen, Betroffenen wieder einen Job zu vermitteln. Nur rund zehn Prozent würden trotzdem einen Antrag stellen, um in die Invaliditätspension zu kommen.

(Quelle: "Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2010)

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