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Das Dilemma Lebensversicherung

Erlebensversicherungen sind kein reines Ansparprodukt und ihre Kosten oft schwer zu durchschauen. Hohe Renditen waren gestern. Als Alternative zur Lebensversicherung bietet sich eine private Rentenversicherung an.

Wien. Die Renditen für Lebensversicherungen sind derzeit so niedrig wie nie. Warfen einzelne Verträge in den 1980er-Jahren noch hohe Erträge ab, lagen die Renditen im abgelaufenen Jahr zwischen drei und 3,5 Prozent. Erst im November des Vorjahres hatte die Finanzmarktaufsicht bekannt gegeben, den garantierten Zinssatz (das ist jener, den die Versicherer jedenfalls bezahlen), ab April zu verringern. Und zwar von 2,25 auf zwei Prozent.

Für die Versicherungsnehmer ist das bitter. Auch weil infolgedessen die Gewinnbeteiligung sinken könnte. Die Gewinnbeteiligung schütten Versicherer zusätzlich zum garantierten Zinssatz aus – und sie ist vom Veranlagungserfolg der Versicherung abhängig. Für die Assekuranzen wird es aufgrund des niedrigen Zinsniveaus jedoch immer schwieriger, Geld auf den Kapitalmärkten zu vermehren. Besonders alte Verträge versprechen hohe Renditen, die derzeit aber kaum zu erwirtschaften sind.

Wer dennoch eine Lebensversicherung abschließt, sollte folgendes Punkte beachten:

• Irrtümlicherweise glauben viele Interessierte, Versicherer würden jenes Kapital veranlagen, dass die Kunden über Jahre hinweg einbezahlt haben. Dabei legen die Assekuranzen nur einen gewissen Teil der einbezahlten Prämiensumme an. Walter Hager vom Verein für Konsumenteninformation schätzt diesen Anteil auf 70 bis 80 Prozent. Der Rest entfällt auf Provisionen, Bearbeitungsgebühren und Steuern.

Das drückt auf die Rendite. Hier das Beispiel eines Versicherers: Ein heute 30-jähriger Mann zahlt 20 Jahre lang monatlich einen Betrag von hundert Euro für eine Er- und Ablebensversicherung ein. Daraus ergibt sich am Ende der Laufzeit ein Prämienvolumen von 24.000 Euro. Dem Kunden wird von der Versicherung im Erlebensfall eine Summe von 25.703 Euro garantiert. Bei einer aktuellen Gesamtverzinsung von 3,25 Prozent erhält er nach 20 Jahren in Summe 30.487 Euro. Ist die Gewinnbeteiligung geringer, erhält der Kunde weniger Geld und umgekehrt. Hager sagt dazu: „In der Regel kann man sagen, dass von der Gesamtverzinsung (Garantiezins plus Gewinnbeteiligung) rund 1,5 Prozent abgezogen werden müssen.“ Erst dann sei die Nettorendite sichtbar.

Allerdings sind die Prämienzahlungen unter bestimmten Bedingungen im Rahmen der sogenannten „Topfausgaben“ steuerlich absetzbar, was in diesem Fall (je nach Steuersatz) die Gesamtrendite erhöht.

• Der VKI kritisiert, dass die Kosten der Versicherungen nicht transparent genug dargestellt werden. Beim Abschluss einer Polizze fallen etwa hohe Verwaltungs- und Abschlusskosten an. Zudem sind Provisionen wie auch die Versicherungssteuer zu bezahlen – letztere wird allerdings an den Staat abgeführt. Bezahlt der Kunde seine Prämien monatlich ein, wird ein „Unterjährigkeitszuschlag“ fällig. Jährliche Einzahlungen sind also günstiger.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es in der Versicherungsbranche, man wolle sich bezüglich der Kosten nicht in die Karten schauen lassen. Schließlich wisse der Kunde beim Kauf eines Bieres auch nicht, welchen Betrag der Hersteller einstreift. Die Assekuranzen argumentieren, sich an die Vorgaben der Finanzmarktaufsicht zu halten.

Alternativen zur Lebensversicherung

• Die Abschlusskosten für eine Lebensversicherung hat der Kunde erst nach mehreren Jahren eingespielt. Erst danach wird das angelegte Kapital auch vermehrt. Hager sagt: „Als Faustregel kann man sagen: Die Kosten hat der Kunde erst nach der Hälfte der Laufzeit drinnen.“

Der Versicherungsverband argumentiert, dass eine Lebensversicherung ein Versicherungs- und kein reines Ansparprodukt sei. Kunden müssten sich vor Vertragsabschluss genau überlegen, wie hoch ihre Bereitschaft zum Risiko sei und wie viel Geld sie für Prämieneinzahlungen zur Verfügung haben.

Als Altersvorsorge ist eine Lebensversicherung laut Hager nicht geeignet. Die Kosten für das Produkt seien zu hoch, die Renditen könnten von der Inflation aufgefressen werden. Als mögliche Alternative zur einer Lebensversicherung sieht Hager eine private Rentenversicherung. Viele Angeboten enthalten eine garantierte Mindestrente. Am Ende der Laufzeit wird das Kapital auf einmal oder monatlich ausbezahlt.

Um die Familie abzusichern, gibt es statt der Er- und Ablebensversicherung die Möglichkeit, eine reine Risikoversicherung abzuschließen. Die Prämie ist vergleichsweise gering. Erlebt der Kunde das Laufzeitende nicht, erhalten die Hinterbliebenen Geld, sonst nicht. Hager dazu: „Lebensversicherungen sind grundsätzlich kein schlechtes Produkt, sie sind aber einfach zu teuer."

Was Sie beachten sollten bei Lebensversicherungen:

Tipp 1

Vergleichen. Tarife und Erträge von Lebensversicherungen sind sehr unterschiedlich, es empfiehlt sich also, Angebote mehrerer Versicherungen einzuholen. Vergleiche sind trotzdem schwierig, weil es keine Kostentransparenz gibt und Gewinnzusagen keinen bindenden Charakter haben.

Tipp 2

Nicht kündigen. Viele Kunden stornieren ihre Lebensversicherung vorzeitig. Konsumentenschützer raten davon dringend ab. Bei vorzeitigem Rückkauf wird nur ein sehr niedriger Rückkaufwert bezahlt, außerdem fallen noch zusätzliche Kosten an. Vielfach bekommt man weniger heraus, als man einbezahlt hat.

Tipp 3

Optimieren. Kunden haben die Möglichkeit, ihre Lebensversicherung „prämienfreistellen“ zu lassen, wenn sie sich die monatliche Einzahlung nicht mehr leisten können. Das ist besser als eine vorzeitige Kündigung. Jährliche Zahlungen sind zudem günstiger. Weiters kann die Polizze um Zusätze bereinigt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2011)

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