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CEE-Versicherungsaktien im Aufwind

In Osteuropa sind Menschen viel weniger versichert, auch Österreich hat Aufholbedarf

Wien - Während die meisten Sektoren des Euro Stoxx Index 2010 Kursgewinne verbuchen konnten, verlor der Insurance Index 8,7 Prozent. In den letzten Wochen aber wurde wieder vermehrt in Assekuranzen investiert. "Das Momentum ist jetzt angesprungen", sagte Erste-Group-Analyst Christoph Schultes am Mittwoch vor Journalisten.

Und es soll weiter bergauf gehen, speziell mit Versicherungen, die in Osteuropa engagiert sind. Es gebe enormes Aufholpotenzial, schließlich sind die Menschen in CEE viel weniger versichert als in Westeuropa. Top-Empfehlung der Erste bleibt die Vienna Insurance Group (VIG), UNIQA hingegen "gefällt uns nicht so gut".

Grund für die positiven Aussichten ist auch die Geschäftsentwicklung der Versicherer im abgelaufenen Jahr. In den ersten drei Quartalen 2010 seien sowohl Nettoergebnisse als auch Finanzergebnisse gestiegen. Auch die Prämieneinnahmen hätten zugelegt, "großer Treiber waren Lebensversicherungen", so Schultes. Wenngleich auch Basiseffekte eine Rolle spielten, 2009 sei der Leben-Bereich rückläufig gewesen.

Naturkatastrophen

2010 hätten die Versicherer massiv unter den mehrheitlich auf Naturkatastrophen zurückzuführenden Schäden gelitten. Weitere Bedenken rührten von der Verschuldungsproblematik von Griechenland und Co. Dies sei "jedenfalls" ein Thema, "denn viele Versicherungen sind dort mit Staatsanleihen investiert", so Schultes. Sorgen machten sich Investoren auch wegen der niedrigen Zinsen, die im Leben-Bereich Probleme machen könnten. In Österreich werde zwar die gesetzliche Mindestverzinsung von 2,25 auf 2,0 Prozent gesenkt, jedoch böten bisher alle Assekuranzen mehr. Auch mit der Preisschlacht sei es wohl allmählich vorbei, so Schultes.

Puncto Eigenkapitalausstattung ist die Erste guter Dinge. 2010 habe das Eigenkapital vor allem dank Wertberichtigungen massiv zugelegt. Im Hinblick auf das Eigenkapitalregime Solvency II, das 2013 in Kraft treten soll, sei dies sehr wichtig, so Schultes. Vor allem die Städtische habe hier - "egal was kommt" - mit einer Eigenkapitalquote von 12,6 Prozent "kein Problem". "Die VIG hat ein sehr konservatives Management, da kann die Eigenkapitaldecke nicht dick genug sein", sagte der CEE-Versicherungsexperte. Ob die UNIQA, die derzeit über eine Eigenkapitalquote von 5,7 Prozent verfüge, eine Kapitalerhöhung braucht, vermochte Schultes nicht zu sagen: Das hänge von der genauen Ausgestaltung von Solvency II ab, "da muss noch nicht von Kapitalerhöhung die Rede sein, es könnte auch Hybridkapital sein."

Generell ist die Erste Group von der UNIQA nicht wirklich angetan. "Die UNIQA verdient ihre Kapitalkosten derzeit nicht. Wir vermissen Profitabilität." Das Hauptproblem sei der Schaden-/Unfallbereich, das Unternehmen verfüge über eine "sehr hohe" Combined Ratio (Schäden und Kosten gemessen an den Prämeineinnahmen). Die Erste bleibt daher bei ihrer "Reduce"-Empfehlung für UNIQA, hebt allerdings das Kursziel auf 13,8 Euro an.

Voll des Lobes ist die Erste Group dagegen für die VIG. Das Kursziel wird auf 50 Euro angehoben, die "Buy"-Empfehlung beibehalten. Die Gruppe sei stark in CEE engagiert und neben Österreich auch in Tschechien, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien die Nummer 1. Mit einer Solvency Ratio von mehr als 200 sei die Bilanz sehr solide, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) attraktiv. Zudem verfüge die VIG über eine Kriegskasse von mehr als 1,2 Mrd. Euro zur Finanzierung weiterer Übernahmen. "Keine westeuropäische Versicherung mit Ostexposure ist besser aufgestellt als die VIG", konstatierte Schultes.

Für die "eindeutig überkapitalisierte" (Eigenkapitalquote 24,8 Prozent) polnische PZU hebt die Erste ihre Empfehlung auf "Accumulate" an, das Kursziel von 400 Zloty wird bestätigt. Die PZU verfüge über die solideste Bilanz der Peer-Gruppe und sei sehr profitabel. Jedoch verliere die Ex-Monopolistin weiterhin Marktanteile.

Bedenken nehmen ab

Nach Lehman und Griechenland seien die Investoren jetzt wieder bereit, für Versicherungstitel mehr zu zahlen. "Die Ergebnisse und Bilanzen werden besser, die Bedenken der Investoren schwächer, die Analysten erwarten höhere Gewinne." Die Gewinnrendite erreiche heuer 11,9 Prozent und nächstes Jahr 12,8 Prozent. Die Gewinnschätzungen für andere Sektoren seien allerdings deutlich höher, wie Schultes einräumte.

Assekuranzen mit großem Ost-Engagement könnten vor allem von der geringen Versicherungsdurchdringung in CEE profitieren. In einigen Ländern, etwa in der Türkei, in Rumänien und in Serbien, liegen die Durchdringungsraten (Prämienaufkommen in Prozent des BIP) unter 2 Prozent. Tschechien und Polen seien hingegen "nicht weit weg von Spanien oder Österreich." Auch hierzulande gebe es mit einer Durchdringungsrate von 6 Prozent noch Aufholbedarf gegenüber anderen westeuropäischen Ländern wie den Niederlanden (13,6 Prozent), Großbritannien (12,9 Prozent) oder Frankreich (10,3 Prozent). Generell gelte: "Je größer das BIP und der Wohlstand, desto mehr wird versichert." Der Aufholprozess in CEE dauere sicherlich noch ein halbes Jahrhundert. "Tschechien ist heute erst dort, wo wir 1985 waren."

Quelle: derstandard.at, 09.02.2011

Versicherungen in Europa

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