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Anlage: Rauer Wind für Versicherer

Nicht nur die jüngsten Katastrophen machen der Branche zu schaffen. Auch neue Kapitalvorschriften stehen im Raum. Analysten sind vorsichtiger geworden. Umfeld eine Unternehmens sollte auch betrachtet werden.

Wien/Nst. Sie gelten als sicher, aber auch als langweilig: Versicherungen und deren Aktien. Der Branche weht derzeit ein rauer Wind entgegen: Neue, verschärfte Kapitalvorschriften sorgen für Eigenmittelbedarf, die Staatsschuldenkrise bedroht die Ertragslage der in Staatsanleihen investierten Firmen, die Zinssituation drückt auf die Erträge.

Wer Versicherungsaktien ins Portfolio nehmen will, sollte sich also nicht nur die Unternehmen, sondern auch das Umfeld genau ansehen– und im „Ernstfall“ schnell reagieren. Eine „sichere Bank“ sind diese Papiere nicht mehr, vorsichtige Investoren können in der Branche aber durchaus fündig werden.

Das sind die Eckpunkte, auf die Anleger achten müssen:

• Voraussichtlich 2013 treten die neuen Regulatorien, unter dem Namen Solvency II, in Kraft. Die Regeln schreiben ein gewisses Solvenzkapital für Versicherungen vor, das die Anbieter benötigen werden, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die großen Assekuranzen werden es wohl leichter als kleine Unternehmen schaffen, SolvencyII zu erfüllen. Eines scheint auch sicher zu sein: Anlagen in Aktien werden für die Unternehmen wohl schwieriger werden, weil dann mehr Kapital für Risken vorgehalten werden muss. Das mindert mögliche Gewinnchancen.

• Ein zweiter Punkt sind die niedrigen Zinsen: Bei den meisten Versicherern macht das Kapitalanlageergebnis rund zwei Drittel des Konzernergebnisses aus, sagt Constantin Rohrbach von der Norddeutschen Landesbank. Generell sind die niedrigen Zinsen bitter, weil die Unternehmen zum Teil alte Verträge auszahlen müssen, deren Garantieverzinsung über jenen liegt, die derzeit auf dem Kapitalmarkt zu bekommen sind. Außerdem sind Versicherer traditionell in festverzinsliche Papiere investiert– da die Aktienquoten der Assekuranzen niedrig sind, verdienen sie kaum am Börsenaufschwung.

• Ein kritischer Punkt sind Staatsanleihen. Versicherungen zählen zu den größten Inhabern von staatlichen Schuldscheinen. Es wird daher darüber diskutiert, was es für die Aktien wie für die Unternehmen bedeuten könnte, wenn es zu einer Umschuldung Griechenlands kommt, gibt Erste- Group-Analyst Christoph Schultes zu bedenken. Denn dann würden die Assekuranzen, als Gläubiger, auf einem Teil ihrer Forderungen sitzen bleiben. Die Generali(ISIN: IT0000062072), sie ist die drittgrößte Assekuranz Europas, könnte beispielsweise eine Umschuldung Griechenlands stemmen, heißt es. Fraglich ist aber, wie es da bei Italien aussieht. Kommt es zu Turbulenzen, wird sich das Unternehmen wohl schwerertun.

Commerzbank-Analyst Roland Pfänder gibt allerdings zu bedenken, dass die Themen Solvency II und Staatsanleihen zum Teil schon in den Bewertungen der Firmen abgebildet sind. Zudem hätten sich die Versicherer auch aus solchen Investments zurückgezogen. „Damit sollte das Thema besser verkraftbar sein, und nur in Randbereichen zu einem Problem werden“, sagt Pfänder.

Andreas Schäfer von der WestLB sagt, dass sein Haus hinsichtlich des ganzen Markts vorsichtiger geworden sei. „Wenn man dennoch der Meinung ist, dass die Aktienmärkte weiterlaufen, kann man durchaus Werte von Versicherern kaufen.“ Als Anleger sollte man sich dann aber Limits setzen. Wurden bereits Gewinne erzielt, sollten diese in irgendeiner Form abgesichert werden. Ob der Einstiegszeitpunkt nun der richtige sei, daran zweifelt wiederum Analyst Rohrbach. Und Pfänder von der Commerzbank sagt weiters, dass eher zyklische Werte wie die von Versicherern outperformen werden, wenn die Wirtschaft anzieht.

Swiss Re: Geteilte Meinungen

Unter den österreichischen Assekuranzen, es sind nur Uniqa(ISIN: AT0000821103) und Vienna Insurance Group(ISIN: AT0000908504) an der Börse, bevorzugt Schultes die VIG. Die Aktie sei billiger, die Bilanz des Unternehmens stärker. Zudem gäbe es Wachstumsperspektiven in Osteuropa. In diesen Staaten ist die Versicherungsdichte deutlich geringer als in den gesättigten Märkten. Stefan Maxian von der Raiffeisen Centrobank fügt außerdem hinzu, dass der Preisdruck in diesen Ländern abnehmen dürfte. Schultes' Kursziel für die VIG liegt bei 50 Euro, die Aktie kostet derzeit 40 Euro. Für die Rückversicherer ist WestLB-Analyst Schäfer nach den Schäden im ersten Quartal zuversichtlich– auch, weil sie weniger vom Kapitalmarkt abhängig sind. Schäfer bevorzugt hier die Hannover Rück (ISIN: US4106931052). Die Bewertung sei gut, die Kapitalausstattung ebenso. Pfänder erwart wiederum von der Swiss Re (ISIN: CH0012332372) das meiste Potenzial, weil die Schäden in den Kursen verarbeitet sind. Andererseits hat die Firma Marktanteile verloren, gibt Schäfer zu bedenken.

Was Sie beachten sollten bei... Versicherungsaktien

Tipp 1

Einsteigen. Aus Sicht der Analysten ist derzeit ein eher schlechter Zeitpunkt, um in Versicherungswerte zu investieren. Das Kursniveau der Unternehmen ist eher hoch, viele Rückversicherer sind durch einige Katastrophen im ersten Quartal gebeutelt worden. Treten weitere Großschäden ein, wird das die Rückversicherer belasten.

Tipp 2

Konjunktur. Bei den Kennzahlen wie dem KGV, der Bilanzstärke, aber auch der Anlagestrategie gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Versicherungen. Hinzu kommt, dass eher zyklische Werte wie Versicherungen outperformen werden, wenn die Wirtschaft anzieht. In der Krise waren indes Rückversicherer ein sicherer Hafen.

Tipp 3

Gefahr. Versicherungen sind einer der größten Inhaber von Staatsanleihen. Viele sind in griechische Papiere investiert – das ist gefährlich, weil eine Umschuldung im Raum steht. Das Engagement der Rückversicherer Munich, Hannover oder Swiss in den verschuldeten PIIGS-Staaten ist im Gegensatz zu den klassischen Versicherungen geringer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2011)

 

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